Was denn nun? Nichts passiert
zwischendurch? Oder schlicht vergessen, was man bereits vor sieben
Jahren beschlossen hat? Ohne zu wissen, wie der Altersdurchschnitt
im Sozialausschuss ist, darf ich mit meinen inzwischen 78 Jahren mal
vermuten, dass die Demenz auch Jüngere ziemlich blöde treffen
kann. Wer das hier nicht glauben mag, was ich sogar verstehen
könnte, der sollte mal im Hammer Abschlussbericht NAIS von 2007 blättern.
Da findet man alles wieder, inklusive Beschlussvorlage.
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Donnerstag, 18. Juni 2015
Demenz im Sozialausschuss?
Sonntag, 10. Mai 2015
Klassentreffen: Wie die Erinnerung trügt
Die Elf vom Gipfel "LH-55" mit Frauen und Partnerinnen im Posthotel Mittenwald. In den Sesseln: Das Gastgeberehepaar. |
Am
Rande: Das Canisianum war jene „Bildungsstätte“, der Heinrich
Breloer in seiner mehrmals ausgezeichneten TV-Dokumenation
bescheinigt hat, dass „der Tagesablauf von einer katholischen
Erziehung geprägt war, die Schuld und Sünde in den Vordergrund
stellte“. Stimmte zwar, ist aber für mich nach 60 Jahren
dazwischen nur noch so etwas wie Käse und Kokolores. Wie gesagt, für
mich. Andere sehen das immer noch so (Helmger*) oder haben es nie so
gesehen (Mau-Mau*).
Elf
von 39 also, denen 1955 die so genannte >Mittlere Reife“
bescheinigt wurde. Der Rest konnte nicht, weil verstorben, malad oder
anderweitig eingebunden. Oder wollte nicht, weil immer noch von bösen
Erinnerungen heimgesucht. Die elf allerdings, die da in Mittenwald
getalkt und getafelt (siehe den Vergleich zu Elmau) haben, hatten den
katholischen Drill aus ihrem Internatsgepäck schon lange auf den
großen Müllhaufen des Vergessens geworfen. Wie vieles andere auch.
So durfte ich erfahren, dass Alter ein Begriff ist, unter dessen Dach
ganz verschiedene Wahrheiten schlummern.
Als
ich zum Beispiel meine Frau vorstellte, stieß ich auf großes
Erstaunen. „Du und verheiratet? Hätte ich nie geglaubt.“
Ehrlich gesagt, hätte ich von dem, der das sagte, nicht mal geahnt,
dass er unter den 500 vermögensten Deutschen gelistet wird. Oder
Mozart* , der fest davon überzeugt war, dass ich früher mal in
einem Kaff im Münsterland gelebt hatte. Genauso wie ich schwöre,
dass ich besagten Ort noch nie im Leben betreten habe, genauso
überrascht war ich, als eben dieser „Mozart“ sich an drei
Abenden in Mittenwald zum medienreifen Kommödianten entwickelte.
„Der und witzig? Den hatte ich nie so in Erinnerung,“ resümierte
auch Rollf*, den ich Jahrzehnte in Brasilien vermutet hatte, obwohl
er die ganze Zeit und bis heute in Österreich an einer Strasse
wohnt, die ich im Berufsleben reichlich oft benutzt habe.
Wirklichkeit,
Wahrheit und Wahrnehmung. Erst im Alter relativiert sich so manches.
Allein schon diese Erkenntnis ist eine Sensation, die nicht
unterschätzt werden sollte. So gesehen war unser „LH-55-Treffen“
ein voller Erfolg. Und das nächste Treffen 2016 in Wuppertal wird
auch schon vorbereitet.. Ich bin sicher, in Elmau kommt auch nicht
viel mehr beim G-7-Gipfel als eine Verabredung zum nächsten Treffen
heraus. Darum: So lange wir uns noch Ziele setzen, sind wir dabei,
auf der großen Bühne dieser Weltgeschichte. Und die Erinnerung? Sie
mag trügen. Erschüttern kann das keinen mehr, wenn er erst mal eine
stattliche Anzahl von Jahren auf dem Buckel hat, wenn Gelassenheit
selbst körperliche Hindernisse ausgleicht. In diesem Sinne:
Euer
Punzel*
* =
aus Datenschutz- und anderen Gründen habe ich nur Vor- oder
Spitznamen genannt.
Freitag, 6. März 2015
Die Vorsitzende heisst nicht Frau Müller...
Gestern in der Muckibude. Gespräch von Laufband zu
Laufband.
Er: „Der Seniorenbeirat hat jetzt eine Frau als
Vorsitzende. Ich glaube, die heisst Frau Müller.“
Sie: „Die heisst nicht Frau Müller, die heisst
Frau Schwarz.“
Er: „Und wie komme ich jetzt auf Müller?“
Sie: „Herr Müller war jahrelang der Chef von Frau
Schwarz im Amt für Soziale Intergration.“
Er: „Sag´ ich doch, die kennen sich gut.“
Sie: „Kann man so sagen.“
Er: „Dann macht Frau Schwarz demnächst, was Herr
Müller sagt?“
Sie: „Das kann man so direkt nicht sagen.“
Er: „Warum denn nicht?“
Sie: „Weil Herr Müller erst fragen muss, was der
Oberbürgermeister sagt.“
Er: „Und der Herr Müller sagt dann der Frau
Schwarz, was unser OB so denkt?“
Sie: „Könnte man so sagen.“
Freitag, 30. Januar 2015
Klassentreffen - "ist ja irre"
"Ist ja irre" kommentierte gestern am Telefon ein ehemaliger Geschäftspartner - heute so um die 70 Jahre alt und meistens mehr Freund als Partner -, als ich ihm erzählte, dass ich Anfang Mai eine Reise zu einem Klassentreffen - mit Frauen, Freundinnen oder Partner/innen! - nach Mittenwald plane. "Du bist doch sicher schon über 75?", fragte er. "Etwas darüber, in gut zwei Jahren will ich gerne noch 80 werden". Dann, nach einer kurzen Pause, sagte er: "Du machst es richtig, wer sich im Alter noch Ziele setzt, ist nicht alt."
Da mein alter Kumpel auch immer ein wenig Philosoph war, gebe ich das Lob gerne weiter. An jene Gleichaltrigen, die ebenfalls in diesen Tagen darüber nachdenken, Anfang Mai in den Süden zu düsen. Immerhin leben die meisten von denen, die "übrig geblieben" sind, heute in NRW oder auch nördlich davon. Ausgenommen davon sind die Klassenkameraden "Fidschi", der uns in sein Posthotel nach Mittenwald für drei Tage eingeladen hat, und Rolf, der schon seit Jahren um die Ecke in Österreich lebt. Meine rund 800 Straßenkilometer nach Mittenwald sind kein Problem. Eher wohl die Idee an sich.
Darum hier zur Erinnerung einige Gedanken zu meinem ersten Klassentreffen - vorher und nachher.
Vor dem Klassentreffen
Da mein alter Kumpel auch immer ein wenig Philosoph war, gebe ich das Lob gerne weiter. An jene Gleichaltrigen, die ebenfalls in diesen Tagen darüber nachdenken, Anfang Mai in den Süden zu düsen. Immerhin leben die meisten von denen, die "übrig geblieben" sind, heute in NRW oder auch nördlich davon. Ausgenommen davon sind die Klassenkameraden "Fidschi", der uns in sein Posthotel nach Mittenwald für drei Tage eingeladen hat, und Rolf, der schon seit Jahren um die Ecke in Österreich lebt. Meine rund 800 Straßenkilometer nach Mittenwald sind kein Problem. Eher wohl die Idee an sich.
Darum hier zur Erinnerung einige Gedanken zu meinem ersten Klassentreffen - vorher und nachher.
Vor dem Klassentreffen
>Es
war im Herbst 2011, als ich überraschende Post bekam.
Absender war ein ehemaliger Klassenkamerad, mit dem ich von 1949 bis
1955 bis zur „mittleren Reife“ - so hieß das damals wirklich –
die Schulbank im Canisianum in Lüdinghausen drücken durfte. Oder
besser gesagt: Absender Ado durfte, weil externer Schüler, ich
musste, weil interniert. Zusammen mit meinem damaligen
Internats-Leidensgenossen Pitt hatte Ado sich die Mühe gemacht, die
Namen unseres Reife(haha)-Jahrgangs zu recherchieren und zum
Klassentreffen einzuladen. Applaus
dafür, auch wenn mich das Ergebnis der Namens-Liste – sogar
ergänzt mit einem alten Foto - erst einmal sehr nachdenklich gemacht
hat. 39 Namen stehen da, sechs sind verstorben und eben so viele sind
nicht auffindbar. Rein statistisch eigentlich noch ein gutes
Ergebnis, dachte ich, bevor ich mir die 27 Namen der restlichen und -
ich hoffe – noch rüstigen Mitte-Siebziger mal näher angesehen
habe. Bis auf drei, höchstens fünf, würde ich sicher niemanden
erkennen, wenn er mir heute auf der Straße entgegen kommen würde.
Auch dann nicht, wenn mir sogar der eine oder andere Name noch etwas
sagt.
Liegt es daran, dass
ich den „Kasten“ in Lüdinghausen 57 lange Jahre einfach
ausgeblendet habe, weil ich ihn genau so in Erinnerung habe, wie ihn
Heinrich Breloer – auch ehemaliger Schüler, nur etwas jünger - in
seinem mehrmals ausgezeichneten Doku-Drama geschildert hat? Im
Lexikon Wikipedia heißt es zu dem Breloer-Film: „Das
Internat ist nach dem Krieg im Wiederaufbau, und die jüngsten der
Internatsschüler leben in engen Verhältnissen. Ihr Tagesablauf ist
bis ins Kleinste organisiert und geprägt von einer katholischen
Erziehung, die Schuld und Sünde in den Vordergrund stellt. Die
ehemaligen Schüler sprechen über Erlebnisse, die von Einsamkeit und
Bitterkeit geprägt sind.“
Wenn ich ehrlich bin, kann und will ich da nicht widersprechen. Warum ich trotzdem
im Mai zum Klassentreffen fahre? Weil ich wissen will, wie viele von
den 27 überhaupt noch kommen (können). Weil ich glaube, dass ich
mich zusammen mit Rolf, vielleicht auch mit Hubert, über
die Auszeiten amüsieren kann, in denen wir dem System ab und zu ein Schnippchen geschlagen haben. Weil ich sicher bin, dass Ado
und Pitt zusammen mit Wolfgang sich viel Mühe gegeben haben, um das
Treffen zum schönen Oldie-Event zu machen. Und natürlich, damit ich
demnächst auch all die anderen erkenne, wenn ich ihnen zufällig mal
auf der Straße begegne...<
Nach dem Klassentreffen
>Während der Fahrt zum zweitägigen Klassentreffen nach
Münster spukten mir die Buchtitel Internatskerker (Thomas
Bernhard), Unterm Rad (Hermann
Hesse) und Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (Robert
Musil) durch den Kopf. Ich war auf dem Weg zum Treffen mit
ehemaligen Mitschülern des katholischen Internats Canisianum
Lüdinghausen. Das ist jene Anstalt, über
die Heinrich Breloer sein preisgekröntes TV-Doku-Drama gedreht
hat. Ehemalige Schüler sprechen im Film über Erlebnisse, die von
Einsamkeit und Bitterkeit geprägt sind.
Was die Titel der Bücher
ausdrücken, was Breloer erzählt, konnte ich nachempfinden. 57
Jahre lang fielen mir zum Internat - wenn ich denn überhaupt noch an
die Zeit dachte - Vokabeln wie ausgeschlossen und abgeschoben
oder ganz real wenig qualifiziertes Aufsichts- und Lehrpersonal bis
in die pastorale Spitze hinein ein. Kurz: Ich wollte von diesem
Abschnitt meiner Jugend nichts mehr wissen. Bis jetzt, bis zum ersten
Treffen seit 1955 in Münster.
Um es vorweg zu nehmen:
Auf der Rückfahrt dachte ich mehr an Das fliegende Klassenzimmer
(Erich Kästner). Auch in diesem
Roman gibt es Probleme, aber lösbare. Freundschaft und Kameradschaft
der Schüler untereinander sorgen dafür, dass Internatsleben
erträglich wird. Ein witzwortreicher Nachmittag und Abend in
Münster sowie eine Wanderung durch und rund um die alte Penne in
Lüdinghausen am nächsten
Tag haben mir die Augen geöffnet. Je mehr Druck auf uns
damals ausgeübt wurde, desto mehr haben wir uns zusammengeschlossen.
Wir haben Cliquen gebildet, in die keiner hineinkam. Und wenn sich
beim Klassentreffen zwei 75jährige nach 57 Jahren plötzlich in den
Armen lagen, dann waren das wohl nicht nur Interessengemeinschaften.
Kameradschaft, Kumpanei, Freundschaft, daraus bestand der Kitt, der
uns damals stark machte.
Wenn wir morgens in
Zweierreihen durch die Stadt in die Kirche geführt wurden, fanden
wir das als Kinder überhaupt nicht - und jetzt beim Klassentreffen
überaus komisch. Weil wir erkannt haben, welche verquaste Denkweise
damals hinter dem erzkatholischen Trimm stand. Wenn vom Direktor bei
einem Mitschüler die Abi-Reife nur deshalb angezweifelt wurde, weil
er als Stadtmeister im Tennis mit zwei kurz-berockten Mädchen (!) in
der Zeitung abgebildet war, dann löst das heute nur noch ein
homerisches Gelächter aus. Wenn vier von uns im Foyer des
Internatsgebäudes Stunden mit dem Gesicht zur Wand in vier Ecken
stehen mussten, dann ist das aus heutiger Sicht für die damals
Betroffenen nicht mehr anprangernd demütigend, sondern nur noch
lächerlich. Genau wie der Spruch des Präfekten „aus dir wird nie
etwas“. Wäre der Mensch noch am Leben, hätte er beim
Klassentreffen feststellen dürfen, dass aus seinen Zöglingen viel
mehr geworden ist als sein begrenzter gedanklicher Kosmos es damals
wohl zugelassen hat.
Alle haben es im Leben
weit gebracht, die 16 Oldies mit rund 75 Jahren auf jedem einzelnen
Buckel. Aufgeschlossen und weltoffen wurde geplaudert und gelacht,
keiner Einziger hatte den Gedanken-Muff des Internats noch in den
Knochen. Alleine schon diese Erkenntnis hat mich froh und auch ein
wenig glücklich gemacht. Es war ein schöner Ausflug mit lustigen Kopfreisen durch rund
60 Jahre.<
Mein Fazit: Auch wenn "es irre ist", die Fahrt nach Mittenwald wird sich wohl lohnen, egal wie alt man ist - oder besser - sich fühlt. Bis dann also...
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