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Montag, 2. Dezember 2013

Hell die Lampen leuchten...



10 Uhr: In der Maximiliansiedlung in Hamm-Werries stellt Rentnerin Erna L. drei Elektrokerzen auf die Fensterbank ihres Wohnzimmers. Vorweihnachtliche Stimmung breitet sich aus, die Freude ist groß, bei Erna.

10 Uhr 15: Beim Entleeren des Mülleimers beobachtet Nachbar Ottfried P. die Weihnachtsoffensive. Er kontert umgehend mit der Aufstellung einer Pyramide mit zehn Lämpchen zu je 15 Watt im Küchenfenster.

10 Uhr 55: Die Maxi-Siedlung strahlt im besinnlichen Glanz von 134 Fensterdekorationen.

11 Uhr: Im Kraftwerk Uentrop registriert der wachhabende Ingenieur einen vermeintlichen Defekt der Meßgeräte. Weil Advent ist, guckt er nicht so genau hin.

12 Uhr: Den Eheleuten Horst und Heidi E. gelingt an der Langen Reihe der Anschluß einer Kettenschaltung von 96 Halogen-Leuchten durch sämtliche Bäume ihres Obstgartens. Teile der heimischen Vogelwelt beginnen in der Geithe verwirrt mit dem Nestbau.

15 Uhr: Alfons K. sieht sich genötigt, seinerseits einen Teil zur vorweihnachtlichen Stimmung beizutragen. Er montiert auf dem Flachdach seines Bungalows in der Nähe des Kanals einen Laser-Strahler und probiert ihn aus. Der Pilot einer Boeing 747 der Singapur Airlines auf dem Weg nach Düsseldorf ist irritiert und wechselt die Flugrichtung.

16 Uhr: Im Jubel einer Weihnachtsfeier im Kraftwerk Uentrop verhallt ein Alarmsignal aus der Generatorhalle.

17 Uhr: Eine Gruppe asiatischer Geschäftsleute mit leichtem Gepäck irrt verängstigt durch den Maxipark, nachdem zuvor ihre Boeing 747 der Singapur Airlines versehentlich vor dem gut ausgeleuchteten Glaselefanten gelandet war.


19 Uhr: Nicht nur in Werries brennt inzwischen der Baum. Auf allen Fensterbänken flimmert die Weihnachtbeleuchtung in vielen bunten Farben.

20 Uhr: Die NASA Raumsonde Voyager 7 funkt vom Rande der Milchstraße Bilder einer angeblichen Supernova auf der nördlichen Erdhalbkugel. 

22 Uhr: Ein leichtes Beben erschüttert die Umgebung des Kraftwerks Uentrop. Der gesamte Komplex läuft mit 500 Megawatt jenseits der Belastungsgrenze. Auf der Weihnachtsfeier geht es inzwischen hoch her.

23 Uhr: In der taghell erleuchteten Maximilian-Siedlung erwacht Studentin Betti U. und verwechselt die Adventsbeleuchtung mit der aufgehenden Sonne. Um genau 23 Uhr 15 betätigt sie den Schalter ihrer Kaffeemaschine. Eine Sekunde später gehen im Stadtbezirk die Lichter aus.

24 Uhr: Durch Werries irren verwirrte Menschen.
Menschen wie du und ich, die verzweifelt nach einer einer Kerze suchen.

So eine aus Wachs, wie man sie früher mal auf dem Adventskranz hatte...

Sonntag, 1. Dezember 2013

Schön bekloppt oder echt bekloppt?

"Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann war ein Klasse-Buch. Dieser Debüt-Roman war spannend und informativ, überraschend in Wort- und Satzfolgen, inspirierend bei Gedankensprüngen und nie langweilig. Da wollte ich gerne mehr.

Kurz "F" heißt dieses mehr, das von führenden deutschen Literatur-Kritikern beiderlei Geschlechts himmelhoch jauchzend begrüßt wurde. Nach gut 100 Seiten durfte ich feststellen, dass auch dieses Kehlmann-Buch wieder zahlreiche Wortspiel-schöpfende Gedanken enthält. Da wird geträumt und sich erinnert. Die Protagonisten, drei Brüder von zwei Müttern, suchen Schuldige für eigenes Versagen. Sie landen beim Vater, wie das heute in der Literatur immer öfter mal vorkommt. Aber auch bei Großvätern, Urgroßvätern und weiteren Ahnen, seitenweise und in ewigen Wiederholungen.

Ich frage mich jetzt, ist das schön bekloppt oder echt bekloppt? Um das heraus zu finden, muss ich das Buch jetzt bis zum Ende lesen. Leider...